Ordnung zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis
Vorbemerkung: Die folgende Ordnung zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis, beschlossen am 17. Oktober 2024 durch die satzungs- und statutsgemäßen Gremien des Instituts für Sozialwissenschaftliche Forschung e.V. ‒ ISF München, Vorstand und Institutsrat, greift den Kodex „Leitlinien zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft von September 2019 auf und ist auf die Verhältnisse des ISF München als freies, außeruniversitäres Forschungsinstitut abgestimmt.
I. Gute wissenschaftliche Praxis
§ 1 Verpflichtung auf die allgemeinen Prinzipien
(1) Zu den allgemeinen Prinzipien guter wissenschaftlicher Praxis gehört es insbesondere, stets nach den anerkannten Regeln der Disziplin (lege artis) zu forschen, alle Forschungsergebnisse zu dokumentieren und konsequent selbst anzuzweifeln, strikte Ehrlichkeit bezüglich eigener Beiträge und der Beiträge Dritter zu wahren, ethische Standards (insbesondere Daten- und Persönlichkeitsschutz) bei der Durchführung von Erhebungen und Studien einzuhalten und einen kritischen Diskurs in der wissenschaftlichen Gemeinschaft und darüber hinaus zuzulassen und zu fördern.
(2) Alle wissenschaftlich Tätigen, die an der Forschung des ISF München teilnehmen, sind verpflichtet, die Regeln guter wissenschaftlicher Praxis einzuhalten. Das wissenschaftsakzessorische Personal ist dazu ebenfalls verpflichtet, soweit es an wissenschaftlichen Tätigkeiten teilhat oder mit entsprechenden Daten und Ergebnissen in Berührung kommt (Organisation, Publikationen, Grafiken, Kommunikation usw.). Die Regeln werden allen Mitarbeitenden des ISF München sowie allen wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, mit denen das Institut Arbeits- oder Werkverträge abschließt, bekanntgemacht. Sie werden zum Bestandteil dieser und aller nachfolgenden Arbeits- und Werkverträge, jeder und jede erhält ein Exemplar dieser Regeln. Zudem werden sie im Intranet, auf der Homepage und am Schwarzen Brett des Instituts bekanntgegeben und dauerhaft verfügbar gehalten.
§ 2 Berufsethos
(1) Alle Institutsangehörigen tragen selbst die Verantwortung dafür, dass ihr Verhalten jederzeit diesen Regeln entspricht. Zudem tragen sie auch die Verantwortung dafür, dass sie jederzeit für die Standards guten wissenschaftlichen Arbeitens eintreten. Neu eingestellte Institutsangehörige werden zum frühestmöglichen Zeitpunkt, also bereits beim Einstellungsgespräch mit diesen Regeln vertraut gemacht. In den Forschungsteams stehen alle Mitglieder in regelmäßigem Austausch zum Forschungsstand auf ihren Gebieten und den Prinzipien guter wissenschaftlicher Arbeit und verfolgen aktiv die Entwicklungen auf diesen Gebieten.
(2) Das ISF München schließt sich dem Ethik-Kodex der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS) und des Berufsverbandes Deutscher Soziologinnen und Soziologen (BDS) in der Fassung vom 10. Juni 2017 an. Dieser Ethik-Kodex ist Teil der Regeln zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis des ISF München.
§ 3 Organisationsverantwortung der Leitung
(1) Das ISF München befördert die Regelkonformität des Handelns seiner Mitglieder und Angehörigen durch geeignete Organisationsstrukturen. Die Institutsleitung, verkörpert durch das im Statut festgelegte Gremium des Institutsrats, trägt die Verantwortung für eine angemessene Organisation des Wissenschaftsbetriebes, die gewährleistet, dass die Aufgaben der Leitung, Aufsicht, Qualitätssicherung und Konfliktregelung eindeutig zugewiesen sind, seinen Mitgliedern und Angehörigen in geeigneter Weise vermittelt werden und tatsächlich wahrgenommen werden.
(2) Die Einhaltung der für gute wissenschaftliche Praxis geltenden Bestimmungen und Standards obliegt in erster Linie den einzelnen wissenschaftlich Tätigen. Die an einem Forschungsvorhaben beteiligten wissenschaftlich Tätigen stehen in einem regelmäßigen Austausch. Dies beinhaltet, dass die in Arbeitsteilung erzielten Ergebnisse gegenseitig mitgeteilt, einem kritischen Diskurs unterworfen und in einem gemeinsamen Kenntnisstand zusammengeführt werden.
(3) Soweit wissenschaftlich Tätige Aufgaben der Projektleitung wahrnehmen, umfasst dies insbesondere die Informationspflichten über die Leitlinien guter wissenschaftlicher Praxis, die Organisation eines die gute wissenschaftliche Praxis sichernden Betriebs und die Kontrolle der Einhaltung der guten wissenschaftlichen Praxis durch die Beschäftigten und andere Personen, soweit diese in wissenschaftliche Vorhaben einbezogen sind oder solche selbst verfolgen.
(4) Am ISF München kommen schriftlich fixierte Grundsätze für die Personalauswahl zum Einsatz. Im Rahmen der Personalauswahl und der Personalentwicklung des wissenschaftlichen und wissenschaftsakzessorischen Personals werden die Gleichstellung der Geschlechter und die Vielfältigkeit („Diversity“) berücksichtigt. Die entsprechenden Prozesse sind transparent und vermeiden weitestmöglich nicht wissentliche Einflüsse („unconscious bias“). Für den wissenschaftlichen Nachwuchs sind geeignete Betreuungsstrukturen und -konzepte etabliert. Es werden eine aufrichtige Beratung für die wissenschaftliche Laufbahn sowie Weiterbildungsmöglichkeiten und Mentoring für das wissenschaftliche und wissenschaftsakzessorische Personal angeboten.
(5) Den an Hochschulen oder Universitäten promovierenden Beschäftigten des ISF München wird ein ihre Forschung unterstützendes wissenschaftliches Umfeld im Rahmen der vorhandenen Ressourcen geboten. So finden etwa am ISF München regelmäßig Doktorandenkolloquien statt, in denen die Promovierenden ihre Promotionsvorhaben und deren Stand allen am Institut wissenschaftlich Tätigen vorstellen. Die konkrete Betreuung der Promovierenden obliegt in erster Linie den Leitenden der Projekte, in deren Rahmen die Promotionsarbeiten stattfinden. Die Betreuungspflicht umfasst insbesondere, Promovierenden eine regelmäßige wissenschaftliche Beratung zu deren Promotionsvorhaben anzubieten, die Anfertigung von Abschluss- und Qualifizierungsarbeiten innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens zu fördern und diese durch Gegenlesen und konstruktive Hinweise, unter anderem seitens des institutseigenen Lektorats, zu begleiten. Wer Leitungsaufgaben wahrnimmt, trägt daneben im eigenen Bereich Verantwortung für die Umsetzung der Betreuungskonzepte einschließlich der Qualitätssicherung.
§ 4 Verantwortung der Leitung von Arbeitseinheiten
(1) Als Arbeitseinheiten im Sinne dieser Leitlinien gelten die Projektteams, die jeweils an der Beantragung und Bearbeitung eines eingeworbenen Forschungsptrojekts beteiligt sind.
(2) Die Leitung einer wissenschaftlichen Arbeitseinheit trägt die Verantwortung für die gesamte Einheit. Sie sorgt dafür, dass alle wissenschaftlich Tätigen ein angemessenes Verhältnis von Unterstützung und Eigenverantwortung genießen sowie in adäquatem Umfang an der Forschung mitwirken können. Nachwuchskräfte werden im Rahmen zunehmender Selbstständigkeit in die Lage versetzt, ihre wissenschaftliche Laufbahn zu gestalten. Ihre Publikationstätigkeit sowie das Stellen eigener Forschungsanträge werden gefördert. Die Kompetenzen und Laufbahnen des wissenschaftlichen und wissenschaftsunterstützenden Personals werden gefördert. Machtmissbrauch und das Ausnutzen von Abhängigkeitsverhältnissen werden durch geeignete Maßnahmen verhindert.
§ 5 Leistungsdimensionen und Bewertungskriterien
(1) Originalität und Qualität haben als Leistungs- und Bewertungskriterium stets Vorrang vor Quantität. Dabei sollen, wo dies sinnvoll anwendbar ist, neben der wissenschaftlichen Leistung auch weitere Leistungsdimensionen, wie z.B. Engagement in der Lehre an Universitäten oder Hochschulen, der Selbstorganisation des Instituts, der Öffentlichkeitsarbeit oder dem Wissens- und Technologietransfer sowie Beiträge im gesamtgesellschaftlichen Interesse in die Leistungsbewertung einfließen. Einbezogen wird auch die wissenschaftliche Haltung bezogen auf Erkenntnisoffenheit und Risikobereitschaft.
(2) Im Rahmen von Personalmaßnahmen muss sich die am Leistungsprinzip (Art. 33 Abs. 2 GG) auszurichtende Leistungsbewertung auf qualitative Parameter beziehen und transparent gemacht werden. Die Gleichstellung der Geschlechter und die Vielfältigkeit sind zu berücksichtigen und unbewusste Vorurteile nach Möglichkeit auszuschließen. Soweit freiwillig angegeben, werden – neben den Kategorien des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes – auch individuelle Besonderheiten in Lebensläufen (z.B. verlängerte Ausbildungs- und Qualifikationszeiten, alternative Karrierewege, persönliche, familien- oder gesundheitsbedingte Ausfallzeiten oder vergleichbare Umstände) bei der Urteilsbildung angemessen berücksichtigt. Personalmaßnahmen müssen anhand von verbindlichen Kriterien und Verfahren durchgeführt werden.
§ 6 Ombudspersonen
(1) Die Institutsversammlung des ISF München bestellt aus den Mitgliedern des Instituts zwei Ombudspersonen und ihre Stellvertreter*innen für vier Jahre. Einmalige Wiederwahl ist möglich. Ist eine Ombudsperson bei Ende ihrer Amtszeit an einem Verfahren beteiligt, das bis zu diesem Zeitpunkt nicht abgeschlossen werden konnte, bleibt sie für dieses Verfahren anstelle ihrer*ihres Nachfolgerin*Nachfolgers auch über das Ende ihrer Amtszeit hinaus bis zu dessen Abschluss zuständig, sofern sie Mitglied oder Angehörige*r des Instituts ist.
(2) Die Ombudspersonen und ihre Stellvertretung haben die Aufgabe, die wissenschaftlich Tätigen in Fragen guter wissenschaftlicher Praxis zu beraten und bei einem (artikulierten) Verdacht auf Verstoß gegen die Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis den Beteiligten – einzeln oder gemeinsam – als Ansprechpartner*in vertraulich und beratend zur Verfügung zu stehen – mit dem Ziel, den Konflikt intern und zunächst ohne Einleitung eines formellen Verfahrens zu lösen. Sie werden als neutrale und qualifizierte Ansprechpersonen tätig und sollten über Leitungserfahrung verfügen, dürfen jedoch für die Dauer ihrer Amtszeit keine Leitungsfunktionen bekleiden.
(3) Die Ombudspersonen und ihre Stellvertretung nehmen Anfragen unter Wahrung der Vertraulichkeit entgegen. Sie gehen den Hinweisen und Beschwerden innerhalb einer angemessenen Frist nach. Die Untersuchung erfolgt in allen Schritten ausdrücklich unter der Maßgabe der Unschuldsvermutung. Schutzwürdige Belange sowohl der Informierenden als auch der Betroffenen sind in allen Phasen des Verfahrens strikt zu beachten.
(4) Die Institutsleitung trägt im Rahmen des Möglichen Sorge dafür, dass die Ombudspersonen und ihre Stellvertretung in ihre Arbeit eingeführt, administrativ unterstützt und anderweitig entlastet werden. Sie trägt Sorge dafür, dass sie inhaltlich, insbesondere durch Bereitstellung der von ihnen für erforderlich erachteten Informationen und durch sachverständige Beratung, unterstützt werden. Sie gewährleistet, dass die Namen der Ombudspersonen und ihrer Stellvertretung den Mitgliedern und Angehörigen des Instituts bekannt gemacht werden und überdies an leicht auffindbarer Stelle frei zugänglich sind.
(5) Im Falle der Besorgnis der Befangenheit einer Ombudsperson steht ihre Stellvertretung als Ansprechperson zur Verfügung. Wenn eine solche Besorgnis der Befangenheit bei einer Ombudsperson besteht, übernimmt ihre Stellvertretung auch die Aufgabe, den Hinweisen und Beschwerden nachzugehen. Die Mitglieder und Angehörigen des Instituts können sich in Fragen guter wissenschaftlicher Praxis auch an das von der DFG eingesetzte, überregional tätige Gremium „Ombudsman für die Wissenschaft“ wenden (https://ombudsman-fuer-die-wissenschaft.de/).
§ 7 Phasenübergreifende Qualitätssicherung
(1) Die Aufgabe der Qualitätssicherung obliegt den Projektteams. Die Erfüllung dieser Aufgabe wird durch den Institutsrat einem Prozess von regelmäßigem Controlling und regelmäßiger Evaluation unterworfen. Die Projektleitung und damit verbundene Aufgaben der Detailaufsicht über die Forschungsarbeiten können an Mitarbeitende delegiert werden, die für jeweils ein konkretes Projekt mit dieser Aufgabe explizit beauftragt werden. Die Letztverantwortung für die Qualitätssicherung liegt beim Institutsrat. Es gehört zur Verantwortung der Projektleitenden, die Zusammenarbeit und das Gesprächsklima zwischen den Projekten so zu fördern, dass der wechselseitige Austausch, die kritische Überprüfung und die kreative Integration von Forschungsergebnissen auf der Grundlage gegenseitigen Vertrauens stattfinden können. Die Forschungsprojekte werden hierbei durch institutsweite Forschungskolloquien und durch möglichst intensive Diskussionen von Forschungsanträgen und -ergebnissen unterstützt.
(2) Wissenschaftlich Tätige gewährleisten eine kontinuierliche Qualitätssicherung. Diese bezieht sich insbesondere auf die Einhaltung fachspezifischer Standards und etablierter Methoden, die Erhebung, Prozessierung und Analyse von Forschungsdaten, die Auswahl und Nutzung von Forschungssoftware und deren Entwicklung und Programmierung. Wissenschaftlich Tätige wenden, soweit möglich, Methoden zur Vermeidung von (unbewussten) Verzerrungen bei der Interpretation von Befunden an.
(3) Wenn wissenschaftlich Tätige wissenschaftliche Erkenntnisse öffentlich machen (in Form von Publikationen oder auch über andere Kommunikationswege), sollen sie die angewandten Mechanismen der Qualitätssicherung darlegen. Dies gilt insbesondere, wenn neue Methoden entwickelt werden.
(4) Wissenschaftlich Tätige sollen – abhängig von dem betroffenen Fachgebiet – durch eine entsprechende Beschreibung ihrer Methoden und Materialien sicherstellen, dass ihre Forschungsergebnisse bzw. wissenschaftlichen Erkenntnisse durch andere Forschende repliziert bzw. bestätigt werden können.
(5) Wenn wissenschaftlich Tätige Erkenntnisse öffentlich zugänglich gemacht haben und ihnen oder Dritten dazu im Nachgang Unstimmigkeiten oder Fehler auffallen, korrigieren sie diese. Bilden die Unstimmigkeiten oder Fehler Anlassfür die Zurücknahme einer Publikation, wirken sie beim publizierenden Organ darauf hin, dass die Korrektur bzw. Zurücknahme schnellstmöglich umgesetzt und kenntlich gemacht wird.
(6) Die Herkunft von im Forschungsprozess verwendeten Daten, Materialien und Software wird kenntlich gemacht und die Nachnutzung belegt, die Originalquellen werden zitiert. Art und Umfang von im Forschungsprozess entstehenden Forschungsdaten werden beschrieben. Der Umgang mit ihnen wird entsprechend den Vorgaben im Fach der Arbeits- und Industriesoziologie ausgestaltet.
§ 8 Akteure, Verantwortlichkeiten und Rollen
(1) Die Beteiligten eines Forschungsprojekts stehen im regelmäßigen Austausch. Sie legen ihre Rollen und Verantwortlichkeiten verbindlich in geeigneter Weise fest und passen diese an, sofern das erforderlich wird. Letzteres gilt insbesondere, wenn sich der Arbeitsschwerpunkt von Beteiligten des Projekts im Laufe des Vorhabens verändert. Es muss sichergestellt sein, dass diese Rollen und Verantwortlichkeiten zu jedem Zeitpunkt des Forschungsvorhabens für alle Beteiligten klar sind.
§ 9 Forschungsdesign
(1) Wissenschaftlich Tätige berücksichtigen bei der Planung eines Vorhabens den aktuellen Forschungsstand umfassend und erkennen ihn an. Sie recherchieren sorgfältig nach bereits öffentlich zugänglich gemachten Forschungsleistungen, um relevante und geignete Forschungsfragen formulieren zu können. Das ISF München unterstützt sie dabei durch die erforderlichen Rahmenbedingungen, insbesondere stellt es Dienste für die Recherche nach einschlägigen Veröffentlichungen bereit.
(2) Methoden zur Vermeidung von Verzerrungen bei der Interpretation von Befunden werden, soweit möglich, angewandt, insbesondere Anonymisierung, Verblindung und externe Validierung.
(3) Wissenschaftlich Tätige prüfen, prüfen, ob, und wenn ja, inwiefern Geschlecht und Vielfältigkeit für das Forschungsvorhaben (mit Blick auf die Methoden, das Arbeitsprogramm, die Ziele etc.) bedeutsam sein können. Sie berücksichtigen bei der Interpretation von Befunden die jeweiligen Rahmenbedingungen.
§ 10 Rechtliche und ethische Rahmenbedingungen, Nutzungsrechte
(1) Wissenschaftlich Tätige gehen mit der verfassungsrechtlich gewährten Forschungsfreiheit verantwortlich um, indem sie sich die Gefahr des Missbrauchs von Forschungsergebnissen bewusstmachen und ihr Wissen, ihre Erfahrung und Fähigkeiten so einzusetzen, dass Risiken erkannt, abgeschätzt und bewertet werden können. Im Hinblick auf Forschungsvorhaben soll eine gründliche Abschätzung der Forschungsfolgen unter Berücksichtigung ethischer Aspekte erfolgen.
(2) Wissenschaftlich Tätige beachten Rechte und Pflichten, insbesondere solche, die sich aus gesetzlichen Vorgaben oder Verträgen ergeben, und holen, sofern erforderlich, Genehmigungen und Ethikvoten ein.
(3) Das ISF München schließt sich dem Ethik-Kodex der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS) und des Berufsverbandes Deutscher Soziologinnen und Soziologen (BDS) in der Fassung vom 10. Juni 2017 an. Dieser Ethik-Kodex ist Teil der Regeln zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis des ISF München.
(4) Über Nutzungsrechte an Forschungsdaten und -ergebnissen sollen zum frühestmöglichen Zeitpunkt dokumentierte Vereinbarungen getroffen werden. Das gilt insbesondere dann, wenn absehbar ist, dass wissenschaftlich Tätige die Forschungseinrichtung wechseln und die von ihnen generierten Daten weiterhin für (eigene) Forschungszwecke verwenden möchten. Die tatsächliche Nutzung von Forschungsdaten steht insbesondere denjenigen wissenschaftlich Tätigen zu, die sie selbst erheben oder sie durch Mitarbeitende oder Studienassistierende erheben lassen. Nicht mehr am Institut wissenschaftlich Tätigen wird im Rahmen der rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten ein Zugang zu Forschungsdaten und Forschungsmaterialien, an deren Erarbeitung sie beteiligt waren, zu Forschungs- und Dokumentationszwecken ermöglicht, soweit das Institut diese vorhält. Im Rahmen von laufenden bzw. abgeschlossenen Forschungsprojekten entscheiden die Nutzungsberechtigten, ob Dritte Zugang zu den Daten erhalten bzw. diese nachnutzen können sollen.
(5) Diese Bestimmungen entbinden nicht von der Pflicht zur Beachtung der rechtlichen Vorgaben zum Schutz personenbezogener Daten, wie sie sich insbesondere aus der Datenschutzgrundverordnung der EU und dem Datenschutzrecht des Bundes und der Länder ergeben.
§ 11 Methoden und Standards
(1) Wissenschaftlich Tätige führen jeden Teilschritt im Forschungsprozess lege artis durch. Dazu gehört es, relevante und geeignete Forschungsfragen durch sorgfältige Recherche bereits öffentlich zugänglich gemachter Forschungsleistungen zu identifizieren, bei der Planung eines Forschungsvorhabens den aktuellen Forschungsstand umfassend zu berücksichtigen sowie wissenschaftlich fundierte und nachvollziehbare Methoden anzuwenden. Bei der Entwicklung und Anwendung neuer Methoden legen sie besonderen Wert auf die Qualitätssicherung und Etablierung von Standards. Die Anwendung einer Methode erfordert in der Regel spezifische Kompetenzen, die ggf. durch entsprechend enge Kooperationen abzudecken sind.
§ 12 Dokumentation
(1) Wissenschaftlich Tätige dokumentieren alle für das Zustandekommen eines Forschungsergebnisses relevanten Informationen so nachvollziehbar, wie dies im Fachgebiet erforderlich und angemessen ist, um Dritten die Überprüfung und Replikation des Ergebnisses zu ermöglichen. Zur Dokumentation gehören auch Einzelergebnisse, die die Forschungshypothese nicht stützen; eine Selektion von Ergebnissen oder Manipulation von Forschungsdaten ist unzulässig.
(2) Die Herkunft von im Forschungsprozess verwendeten Daten und Software muss kenntlich gemacht, Originalquellen zitiert und die Nachnutzung belegt werden. Der Quellcode von öffentlich zugänglicher Software muss persistent und zitierbar sein und dokumentiert werden. Art und Umfang der im Forschungsprozess entstehenden Daten sind zu beschreiben. Wissenschaftlich Tätige am ISF München nehmen die Dokumentation entsprechend den Vorgaben der Deutschen Gesellschaft für Soziologie vor. Wird die Dokumentation diesen Anforderungen nicht gerecht, müssen die Einschränkungen und Gründe dafür nachvollziehbar dargelegt werden.
(3) Dokumentationen und Forschungsergebnisse dürfen nicht manipuliert werden und sind bestmöglich gegen Manipulation zu schützen.
§ 13 Herstellung von öffentlichem Zugang zu Forschungsergebnissen
(1) Alle wissenschaftlichen Ergebnisse sowie die zugrundeliegenden Daten, Materialien, Informationen und Methoden werden der wissenschaftlichen Öffentlichkeit in nachvollziehbarer Form zugänglich gemacht, soweit dem nicht zwingende Gründe entgegenstehen. Solche Gründe sind im Forschungsgebiet des ISF München insbesondere Anonymitätsverpflichtungen zum Schutz der untersuchten Personen und Organisationen. Wissenschaftlich Tätige entscheiden in eigener Verantwortung – unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten des Fachgebiets –, ob die Forschungsergebnisse öffentlich zugänglich gemacht werden können und wie und wo sie das tun. Sofern in einzelnen Fällen Gründe dafür sprechen, Ergebnisse nicht öffentlich zu machen, darf diese Entscheidung nicht von Dritten abhängen.
(2) Machen wissenschaftlich Tätige ihre Forschungsergebnisse öffentlich, beschreiben sie diese vollständig und nachvollziehbar. Bereits zuvor öffentlich gemachte Ergebnisse müssen vollständig und korrekt wiedergegeben werden, sofern nach den anerkannten fachspezifischen Standards nicht ausnahmsweise darauf verzichtet werden darf. Autor*innen wirken, soweit möglich, darauf hin, dass ihre Forschungsbeiträge von Publikationsorganen und Informationsinfrastrukturanbietern so gekennzeichnet werden, dass sie korrekt zitiert werden können. Unangemessen kleinteilige Publikationen von Forschungsergebnissen sind zu vermeiden, Selbstzitationen auf ein Mindestmaß zu beschränken.
(3) Falls nicht Anonymisierungsrücksichten (Abs. 1) oder andere wichtige Gründe dem entgegenstehen, hinterlegen wissenschaftlich Tätige die der Publikation zugrundeliegenden Forschungsdaten in anerkannten, den FAIR-Prinzipien (Findable, Accessible, Interoperable, Re-Usable) folgenden Archiven und Repositorien.
§ 14 Autorschaft
(1) Sind an einer Forschungsarbeit oder an der Abfassung eines wissenschaftlichen Berichts mehrere Personen beteiligt, so sind als Mitautor*innen alle Personen zu nennen, die einen genuinen, nachvollziehbaren Beitrag zur Fragestellung, zum Forschungsplan, zur Durchführung der Forschungsarbeiten, zur Auswertung oder Deutung der Ergebnisse oder zum Entwurf oder zur kritischen inhaltlichen Überarbeitung des Manuskripts geleistet haben. Eine nur technische Mitwirkung bei der Datenerhebung vermag eine Mitautorschaft ebenso wenig zu begründen wie allein die Bereitstellung von Finanzmitteln oder die allgemeine Leitung des Forschungsschwerpunktes, in dem die Forschung durchgeführt wurde. Gleiches gilt für das bloße Lesen des Manuskripts ohne Mitgestaltung des Inhalts. Reicht ein Beitrag nicht aus, um eine Mitautorschaft zu begründen, so ist eine Anerkennung der Unterstützung anderweitig möglich, etwa in Fußnoten, einem Acknowledgement oder einem Vorwort. Eine Ehrenautorschaft ist unzulässig. Fühlt sich eine Mitautorin oder ein Mitautor übergangen, kann sie oder er sie eine Ombudsperson (vgl. § 6) anrufen.
(2) Die Reihenfolge der Namen der Autorinnen und Autoren legen diese selbst gemeinsam verbindlich fest, spätestens dann, wenn das Manuskript formuliert wird. Sie treffen diese Entscheidung nach nachvollziehbaren Kriterien unter Berücksichtigung der Konventionen im Fachgebiet.
(3) Die Freigabe eines Manuskripts zur Veröffentlichung ist von allen Mitautor*innen zu bestätigen. Sofern von einem/einer oder mehreren von ihnen gewünscht, ist der Anteil der einzelnen Person oder des Projektteams zu dokumentieren. Sollte eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter die Autorenschaft verweigern, kann ein Manuskript, das von ihm/ihr und anderen Mitgliedern eines Projektteams erarbeitet wurde, auch ohne die Nennung seines/ihres Namens veröffentlicht werden. Werden im Manuskript unveröffentlichte Beobachtungen anderer Personen zitiert oder Befunde anderer Institutionen verwendet, so ist – vorbehaltlich anderer anerkannter fachwissenschaftlicherÜbung – deren schriftliches Einverständnis einzuholen.
(4) Autor*innen tragen die gemeinsame Verantwortung für den wissenschaftlichen Inhalt der Veröffentlichung, es sei denn, dies wird explizit anders ausgewiesen. Das Einverständnis, als Mitautor*in benannt zu werden, begründet die Mitverantwortung dafür, dass die Publikation wissenschaftlichen Anforderungen entspricht. Mitautor*innen sind sowohl für die Korrektheit des eigenen Beitrags als auch dafür verantwortlich, dass dieser in wissenschaftlich vertretbarer Weise in die Publikation eingebracht wird.
(5) Finden sich einzelne Wissenschaftler*innen ohne Einverständnis in einer Veröffentlichung als MitautorIn genannt und sehen sie sich zu einer nachträglichen Genehmigung außer Stande, so ist von ihnen zu erwarten, dass sie sich gegen ihre Aufnahme in den Autorenkreis bei der oder dem Hauptverantwortlichen und/oder bei der betreffenden Zeitschrift in ausdrücklicher Form verwahren. Unterlassen sie eine solche Distanzierung, so gilt dies als nachträgliche Genehmigung ihrer Aufnahme in den Autorenkreis mit entsprechender Mitverantwortung für die Veröffentlichung.
§ 15 Publikationsorgane
(1) Autor*innen wählen das Publikationsorgan, in dem sie ihre Forschungsergebnisse publizieren, sorgfältig aus und berücksichtigen dabei seine Seriosität, seine Qualität und seine Sichtbarkeit im Forschungsfeld. Neue oder unbekannte Publikationsorgane werden auf ihre Seriosität hin geprüft. Als Publikationsorgane kommen neben Büchern und Fachzeitschriften auch Fach-, Daten- und Softwarerepositorien sowie wissenschaftliche Blogs in Betracht.
(2) Zu den Kriterien zählt, ob das Publikationsorgan eigene Richtlinien zur guten wissenschaftlichen Praxis etabliert hat.
(3) Herausgeber*innen prüfen sorgfältig die Publikationsorgane, für die sie eine Herausgeberschaft übernehmen.
(4) Die wissenschaftliche Qualität eines Beitrags hängt nicht von dem Publikationsorgan ab, in dem er publiziert wird.
§ 16 Vertraulichkeit und Neutralität bei Begutachtungen und Beratungen
(1) In Begutachtungsverfahren ist zur Qualitätssicherung die Unabhängigkeit und Unbefangenheit der Gutachtenden zu gewährleisten. Wissenschaftlich Tätige, die an der Beurteilung von Manuskripten, Förderanträgen und der Ausgewiesenheit von Personen mitwirken, sind verpflichtet, Vertraulichkeit zu wahren. Die Vertraulichkeit der fremden Inhalte, zu denen die Gutachtenden Zugang erlangen, schließt die Weitergabe an Dritte und die eigene Nutzung aus. Liegen Umstände vor, die die Besorgnis einer Befangenheit oder eines Interessenkonflikts begründen könnten, müssen Gutachtende diese bei der zuständigen Stelle unverzüglich offenlegen. Diese Verpflichtungen gelten auch für Mitglieder in wissenschaftlichen Beratungs- und Entscheidungsgremien.
§ 17 Archivierung
(1) Forschungsdaten bzw. Forschungsergebnisse sowie die ihnen zugrundeliegenden zentralen Materialien und ggf. die eingesetzte Forschungssoftware, die als Grundlage für Veröffentlichungen oder Qualifizierungsarbeiten dienen bzw. im Zusammenhang mit einem publizierten Forschungsvorhaben entstanden sind, sind in der Regel für mindestens zehn Jahre zugänglich und nachvollziehbar unter Beachtung aktueller technischer und organisatorischer Standards aufzubewahren. Für Forschungsdaten und Untersuchungsgegenstände, die auf Grund ihrer Beschaffenheit nicht für diesenZeitraum aufbewahrt werden können, können verkürzte Aufbewahrungsfristen festgelegt werden; die Gründe dafür sind nachvollziehbar darzulegen. Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Datum der Referenzierung der Forschungsdaten in einer Veröffentlichung oder Qualifizierungsarbeit. Im Falle der externen Aufbewahrung muss sichergestellt werden, dass Archivierungsanforderungen und -fristen dieser Ordnung genügen. Sofern sachliche Gründe dafür existieren, bestimmte Daten nicht aufzubewahren, legen diejenigen, die die Daten erhoben haben oder in deren Verantwortungsbereich die Daten erhoben worden sind, dies dar; die Verantwortung für diese Entscheidung tragen die Leitungen des Forschungsprojektes, in dem die Daten erhoben wurden.
(2) Das Institut verpflichtet sich, die technische und organisatorische Infrastruktur für die Archivierung dauerhaft vorzuhalten und ihre Funktionsfähigkeit jederzeit sicherzustellen.
II. Nichtbeachtung guter wissenschaftlicher Praxis, Verfahren
§ 18 Hinweisgebende und von Vorwürfen Betroffene
(1) Zum Schutz insbesondere der informierenden und der von einem Verdacht betroffenen Personen und zur Gewährleistung einer erfolgreichen Bearbeitung ist die Tätigkeit der Ombudspersonen nach § 6 und 19 vertraulich. Die Vertraulichkeit ist auch über den Abschluss eines Verfahrens hinaus zu wahren, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist. Auf diese Pflicht sind die Verfahrensbeteiligten gesondert hinzuweisen.
(2) Für eine vom Verdacht betroffene Person gilt die Unschuldsvermutung. Der vom Verdacht betroffenen Person sollen grundsätzlich so lange keine Nachteile für das eigene wissenschaftliche oder berufliche Fortkommen aus der Überprüfung des Verdachts erwachsen, bis ein wissenschaftliches Fehlverhalten festgestellt wurde.
(3) Eine informierende Person ist verpflichtet, einen spezifizierbaren und hinreichend nachprüfbaren Hinweis auf wissenschaftliches Fehlverhalten zu geben. Sie muss dabei in gutem Glauben handeln, eine Anzeige wider besseres Wissen ist nicht zulässig. Aus der Äußerung des Verdachts eines wissenschaftlichen Fehlverhaltens dürfen ihr keine Nachteile für das eigene wissenschaftliche und berufliche Fortkommen entstehen, sofern die Anzeige des Verdachts nicht nachweislich wider besseres Wissen erfolgte. Das gilt auch, wenn ein wissenschaftliches Fehlverhalten nicht erwiesen werden kann bzw. konnte.
(4) Die informierende Person ist nicht verpflichtet, ihren Namen zu nennen, sie kann auch anonym bleiben. Ein anonym erhobener Hinweis kann jedoch nur dann in einem Verfahren überprüft werden, wenn die hinweisgebende Person der Stelle, die den Verdacht entgegennimmt und prüft, hinreichend konkrete und belastbare Tatsachen vorträgt, die eine Überprüfung ermöglichen. Ob dies der Fall ist, prüft die Ombudsperson, die den Hinweis entgegennimmt. Ist der Name der informierenden Person bekannt, wird er vertraulich behandelt und auch an andere Verfahrensbeteiligte nur mit Einverständnis der informierenden Person übermittelt. Etwas anderes gilt, wenn und soweit eine gesetzliche Verpflichtung zur Offenlegung des Namens der informierenden Person besteht.
(5) Die informierende sowie die von Vorwürfen eines wissenschaftlichen Fehlverhaltens betroffene Person haben in jeder Phase des Verfahrens das Recht auf Stellungnahme, die informierende Person jedoch in der Regel nur bis zur abschließenden Entscheidung der Untersuchungskommission. Die informierende Person und die von einem Verdacht betroffene Person können eine Person ihres Vertrauens als Beistand hinzuziehen. Personen, auf die sich der Verdacht wissenschaftlichen Fehlverhaltens erstreckt, können nicht als Beistand hinzugezogen werden.
(6) Betrifft der Verdacht ein wissenschaftliches Fehlverhalten, das länger als zehn Jahre zurückliegt, wird ein Verfahren nicht eröffnet. Abweichend davon können die Ombudspersonen das Ombudsverfahren eröffnen, wenn nachträglich konkrete Umstände hervorgetreten sind, die den dringenden Verdacht eines besonders schweren wissenschaftlichen Fehlverhaltens mit anhaltenden Nachwirkungen begründen. Unter denselben Voraussetzungen können die Ombudspersonen ein Ombudsverfahren wiederaufgreifen, das eingestellt worden war, weil ein Anfangsverdacht nicht bestand oder sich nicht hatte bestätigen lassen. Von einer Nichteröffnung des Verfahrens bleiben andere Vorschriften zur Ahndung eines solchen Verhaltens, insbesondere des Arbeits-, Zivil- und Strafrechts unberührt.
§ 19 Tatbestände wissenschaftlichen Fehlverhaltens
(1) Wissenschaftliches Fehlverhalten liegt vor, wenn eine am Institut wissenschaftlich tätige Person in einem wissenschaftserheblichen Zusammenhang vorsätzlich oder grob fahrlässig Falschangaben macht, sich fremde wissenschaftliche Leistungen unberechtigt zu eigen macht oder die Forschungstätigkeit anderer beeinträchtigt. Wissenschaftliches Fehlverhalten liegt auch vor in den Fällen der Absätze 5 bis 8.
(2) Falschangaben sind das Erfinden von wissenschaftserheblichen Daten oder Forschungsergebnissen; das Verfälschen von wissenschaftserheblichen Daten oder Forschungsergebnissen, insbesondere durch Unterdrücken oder Beseitigen von im Forschungsprozess gewonnenen Daten oder Ergebnissen, ohne dies offenzulegen, oder durch Verfälschung einer Darstellung oder Abbildung; die inkongruente Darstellung von bildlichen Darstellungen, etwa Diagrammen, und dazugehöriger Aussage; unrichtige wissenschaftsbezogene Angaben in einem Förderantrag oder im Rahmen der Berichtspflicht; die Inanspruchnahme der Autorschaft oder Mitautorschaft einer anderen Person ohne deren Einverständnis.
(3) Unberechtigtes Zueigenmachen fremder wissenschaftlicher Leistungen liegt vor, wenn Inhalte Dritter ungekennzeichnet ohne die gebotene Quellenangabe übernommen werden; wenn Forschungsansätze, Forschungsergebnisse und wissenschaftliche Ideen Dritter unbefugt übernommen werden; wenn wissenschaftliche Daten, Theorien und Erkenntnisse unbefugt an Dritte weitergegeben werden; im Fall der Anmaßung oder unbegründeten Annahme einer Autorschaft oder Mitautorschaft an einer wissenschaftlichen Publikation, insbesondere wenn kein genuiner, nachvollziehbarer Beitrag zum wissenschaftlichen Inhalt der Publikation geleistet wurde; im Fall der Verfälschung des wissenschaftlichen Inhalts; bei unbefugter Veröffentlichung und unbefugtem Zugänglichmachen gegenüber Dritten, solange das wissenschaftliche Werk, die Erkenntnis, die Hypothese, die Lehre oder der Forschungsansatz noch nicht veröffentlicht ist.
(4) Beeinträchtigung der Forschungstätigkeit anderer liegt vor bei Sabotage von Forschungstätigkeit (einschließlich des Beschädigens, Zerstörens oder Manipulierens von Geräten, Unterlagen, Hardware, Software oder sonstiger Sachen, die andere zu Forschungszwecken benötigen); Verfälschung oder unbefugter Beseitigung von Forschungsdaten oder Forschungsdokumenten; Verfälschung oder unbefugter Beseitigung der Dokumentation von Forschungsdaten.
(5) Wissenschaftliches Fehlverhalten von am Institut wissenschaftlich Tätigen ergibt sich – bei Vorliegen von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit – auch aus der Mitautorschaft an einer Veröffentlichung, die Falschangaben oder unzulässig zu eigen gemachte fremde wissenschaftliche Leistungen enthält; der Vernachlässigung von Aufsichtspflichten, wenn eine andere Person objektiv den Tatbestand wissenschaftlichen Fehlverhaltens im Sinne von Absatz 1 bis 4 erfüllt hat und dies durch die erforderliche und zumutbare Aufsicht verhindert oder wesentlich erschwert worden wäre.
(6) Wissenschaftliches Fehlverhalten ergibt sich ferner aus der vorsätzlichen Beteiligung (im Sinne einer Anstiftung oder Beihilfe) am vorsätzlichen, nach dieser Satzung tatbestandsmäßigen Fehlverhalten anderer.
(7) Wissenschaftliches Fehlverhalten von gutachtenden Personen liegt vor, wenn diese vorsätzlich oder grob fahrlässig wissenschaftliche Daten, Theorien oder Erkenntnisse, von denen sie im Rahmen ihrer Tätigkeit als Gutachtende Kenntnis erlangt haben, unbefugt für eigene wissenschaftliche Zwecke verwerten; wenn sie im Rahmen ihrer Tätigkeit als gutachtende Personen oder Institutsratsmitglieder unter Verletzung der Vertraulichkeit des Verfahrens Daten, Theorien oder Erkenntnisse unbefugt an Dritte weitergeben; wenn sie im Rahmen ihrer Tätigkeit als gutachtende Person Tatsachen oder Umstände, die die Besorgnis einer Befangenheit begründen können, nicht gegenüber der zuständigen Stelle offenlegen.
(8) Wissenschaftliches Fehlverhalten liegt auch vor, wenn eine gutachtende Person im Rahmen ihrer/seiner Tätigkeit in der Absicht, sich oder einer anderen Person einen Vorteil zu verschaffen, wider besseres Wissen Tatsachen nicht offenlegt, aus denen sich ein wissenschaftliches Fehlverhalten der anderen Person im Sinne von Absatz 1 bis 5 ergibt.
§ 20 Verfahren in Verdachtsfällen wissenschaftlichen Fehlverhaltens
(1) Die Ombudsperson nach § 6 bemüht sich um eine informelle Konfliktlösung ohne Einleitung eines formellen Verfahrens.
(2) Gelingt dies nicht, wendet sich die Ombudsperson an den Institutsrat als Leitungsgremium des Instituts. Dieser beruft eine Untersuchungskommission ein, die die Prüfung des Verdachts auf wissenschaftliches Fehlverhalten übernimmt. Sie setzt sich zusammen aus drei stimmberechtigten Mitgliedern und einem beratenden Mitglied. Die stimmberechtigten Mitglieder sollen über die fachliche Befähigung zum umfänglichen Verständnis der wissenschaftlichen Sachverhalte des Vorgangs verfügen, mindestens ein stimmberechtigtes Mitglied soll nicht Institutsmitglied sein. Das beratende Mitglied soll über juristische Expertise verfügen und diese der Kommission beratend zur Verfügung stellen. Die Befangenheit eines benannten Mitglieds kann sowohl durch dieses selbst als auch durch die Betroffenen geltend gemacht werden. Im Fall der Befangenheit ist ein neues Kommissionsmitglied zu berufen. Die Untersuchungskommission ist an Weisungen der Institutsleitung nicht gebunden und entscheidet unabhängig. Die Ombudspersonen nach § 6 sind am weiteren Verfahren nicht mehr beteiligt.
(3) Zunächst leitet die Untersuchungskommission ein Vorprüfungsverfahren ein. Im Vorprüfungsverfahren gibt sie den vom Verdacht des Fehlverhaltens Betroffenen unverzüglich unter Nennung der belastenden Tatsachen und Beweismittel innerhalb einer zu nennenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Frist für die Stellungnahme beträgt in der Regel zwei Wochen. Ohne ausdrückliches Einverständnis der Informierenden dürfen deren Namen den Betroffenen in dieser Verfahrensphase nicht offenbart werden; dies schließt eine einverständliche Gegenüberstellung nicht aus.
(4) Nach Eingang der Stellungnahme der Betroffenen oder nach Verstreichen der ihnen gesetzten Frist entscheidet die Untersuchungskommission innerhalb von zwei Wochen darüber, a) ob das Verfahren unter Mitteilung der Gründe an die betroffenen und die informierenden Personen einzustellen ist, weil sich der Verdacht auf ein wissenschaftliches Fehlverhalten nicht hinreichend bestätigt hat oder das wissenschaftliche Fehlverhalten nicht schwerwiegend ist und die betroffenen Personen ihr Fehlverhalten eingeräumt haben, oder b) ob eine weitere Aufklärung und Entscheidung durch die Untersuchungskommission in einem förmlichen Verfahren erforderlich ist; die Gründe hierfür sind schriftlich festzuhalten. Sind informierende Personen mit der Einstellung des Vorprüfungsverfahrens nicht einverstanden, so können sie ihre Einwände innerhalb von zwei Wochen schriftlich oder mündlich der Untersuchungskommission vortragen. Diese entscheidet über die Einwände nach nochmaliger Anhörung der Betroffenen.
(5) Im Fall 4 b) führt die Untersuchungskommission eine förmliche Untersuchung durch. Sie hat die Aufgabe, alle am Konflikt beteiligten Seiten zu hören, den Sachverhalt abschließend zu klären und gegebenenfalls dem Institutsrat Empfehlungen hinsichtlich von Sanktionen und Konsequenzen zu geben.
(6) Die Untersuchungskommission kann im Einzelfall Fachgutachter*innen aus dem Gebiet des zu beurteilenden wissenschaftlichen Sachverhalts sowie Expert*innen mit beratender Stimme hinzuziehen. Sie führt die Anhörung der Betroffenen in nichtöffentlicher mündlicher Verhandlung durch. Sie hat nicht nur die belastenden, sondern auch die entlastenden Umstände zu ermitteln. Sie prüft unparteilich, ob wissenschaftliches Fehlverhalten vorliegt, und ermittelt entsprechende Beweise. Die ermittelten Beweise bewertet sie nach den Regeln der freien Beweiswürdigung. Die beteiligten Personen sind zur Vertraulichkeit verpflichtet. Das Verfahren wird in einem angemessenen Zeitrahmen durchgeführt.
(7) Den von einem möglichen Fehlverhalten betroffenen Personen oder der betroffenen Arbeitsgruppe ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Betroffenen sind auf ihren Wunsch mündlich anzuhören; dazu können sie jeweils eine Person ihres Vertrauens als Beistand hinzuziehen. Dies gilt auch für sonstige anzuhörende Personen.
(8) Der Grundsatz der Vertraulichkeit gilt im gesamten Verfahren, auch für Erkenntnisse, die in früheren Phasen gewonnen wurden. Dieser Grundsatz gilt für alle Beteiligten, insbesondere auch sowohl für die Hinweisgebenden als auch für die Betroffenen des Verdachts auf wissenschaftliches Fehlverhalten. Davon darf nur abgewichen werden, wenn eine gesetzliche Verpflichtung besteht.
(9) Die Untersuchungskommission berät das Ergebnis ihrer Untersuchung und mögliche Konsequenzen mit dem Institutsrat als Leitungsgremium des Instituts. Der Institutsrat hat die in Frage kommenden rechtlichen Konsequenzen bzw. Sanktionen zu prüfen und ggf. einzuleiten. Das Verfahrensergebnis wird betroffenen Wissenschaftsorganisationen und ggf. Dritten mit begründetem Interesse an der Entscheidung mitgeteilt.
(10) Der Institutsrat kann im Rahmen der Verhältnismäßigkeit alternativ oder kumulativ folgende Sanktionen verhängen und/oder Maßnahmen ergreifen: schriftliche Rüge; Aufforderung an die beschuldigte Person, inkriminierte Veröffentlichungen zurückzunehmen oder zu korrigieren bzw. die Veröffentlichung inkriminierter Manuskripte zu unterlassen; Rücktritt von Förderverträgen, soweit der Vertrag vom Institut geschlossen worden ist, ggf. einschließlich einer Mittelrückforderung; Ausschluss von einer Tätigkeit als Institutsrat auf Zeit oder Dauer; arbeitsrechtliche Abmahnung, ordentliche Kündigung, Vertragsauflösung, außerordentliche Kündigung; Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche – auch im Wege einstweiligen Rechtsschutzes –, insbesondere auf Schadensersatz, Herausgabe oder Beseitigung/Unterlassung.
(11) Nach Abschluss eines förmlichen Untersuchungsverfahrens sind die Personen, die unverschuldet in Vorgänge wissenschaftlichen Fehlverhaltens verwickelt wurden, im Hinblick auf ihre persönliche Würde und wissenschaftliche Integrität vor Benachteiligungen zu schützen. Dem Schutz der persönlichen und wissenschaftlichen Integrität der mitbetroffenen Personen kann durch eine schriftliche Erklärung durch den Institutsrat Rechnung getragen werden, dass der oder dem Mitbetroffenen kein wissenschaftliches Fehlverhalten oder keine Mitverantwortung hierfür anzulasten ist. Informierende Personen sind vor Benachteiligungen zu schützen.
§ 21 Schlussbestimmung
Diese Ordnung tritt am 17. Oktober 2024 in Kraft und löst die „Regeln zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis“ des ISF München in der Fassung vom 27. Oktober 2005 ab.